Wie kann eine Religion der Wissenschaft helfen?
Um zu beantworten, wie eine Religion im klassischen Sinne Wissenschaften helfen kann, muss man zunächst die Frage stellen, was Wissenschaften überhaupt brauchen.
Wissenschaft braucht Geld
Es greift zu kurz, wenn man bloß mit der Antwort Geld kommt. Geld ist absolut notwendig, das ist klar. Aufwendige und nicht notwendigerweise erfolgreiche Versuchsreihen in der Forschung sind extrem teuer. Das ist natürlich auch der Grund dafür, dass immer weniger Forschung unabhängig von Militär und Industrie betrieben wird. Doch gerade die Investitionen von Militär und Wirtschaft zeigen, warum Wissenschaften überhaupt betrieben werden: Sie versprechen sich einen Nutzen davon – einen direkten Nutzen sogar.
Wissenschaft muss nützlich sein
Wissenschaft wird also eher betrieben, wenn sie gut finanziert wird, und dabei hilft es, wenn die Gesellschaft ihr finanzielle Mittel zur Verfügung stellt. Solche Ressourcen können für unterschiedliche Nutzenerwartungen von unterschiedlichen Quellen innerhalb der Gesellschaft kommen:
- Monotheistische Religionsgemeinschaften sehen in Wissenschaften eher einen Nutzen, wenn sie Ergebnisse liefern kann bzw. liefert, die die Größe oder Macht eines Gottes zeigen.
- Unternehmen fördern Wissenschaften nur, wenn sie dadurch höhere Gewinnerwartungen haben. Beispielsweise könnte die Erforschung eines neuen Produktionsverfahrens die Kosten reduzieren.
- Ebenso fördert das Militär die Forschung, wenn damit neue Waffensysteme möglich werden. Der Staat kann sich allerdings auch Prestige von Forschungsleistungen versprechen und damit einen Nutzen haben (z.B.: Sputnik-Schock).
Wissenschaft als Wert an sich
Man kann davon ausgehen, dass noch heute die meisten Forschungsgelder nach unternehmerischen oder militärischen Maßstäben vergeben werden. Doch wie auch bei dem religiösen Nutzen handelt es sich hierbei nur um externe Begründungen. Wissenschaft wird betrieben, weil sie etwas liefert. Sie wurde von außen legitimiert.
Eine bloß von außen legitimierte Wissenschaft kann allerdings kaum mehr sein als eine Anwendungswissenschaft. Grundlagenforschung, die nicht direkt zu Ergebnissen führt, aber langfristig zu Ergebnissen kommt und angewandte Wissenschaft ermöglicht. Noch im 17. Jahrhundert brauchte die Wissenschaft eine externe Legitimation. Es begann allerdings schon ein Wandel.
Nach dem amerikanischen Soziologen Robert K. Merton hat im 17. Jahrhundert auch der Puritanismus dabei geholfen, der Wissenschaft einen Wert an sich zu geben. Nach Merton beeinflussen sich alle Gesellschaftsfunktionen untereinander. Im Gegensatz zu Katholiken hatten Puritaner eine andere Einstellung zu Wissenschaften. Sie waren intellektuell autonomer, als die autoritätsgläubigen Katholiken. Damit waren sie den Wissenschaften offener und haben sie eher ausgeübt.
Fazit
Wissenschaft braucht Menschen, die sie ausüben. Solche Menschen müssen dafür ein offenes und freieres Weltbild haben. Der strenge Katholizismus ist dafür weniger geeignet als ein asketischer Protestantismus. Insofern wurde im 17. Jahrhundert in England die Wissenschaft gerade dadurch gefördert, dass eine wissenschaftsfreundlichere Religion sich verbreitet hat.
Literatur: Robert K. Merton (1985): Entwicklung und Wandel von Forschungsinteressen. Kap. 2: Puritanismus und Wissenschaft.