Was ist der Unterschied zwischen Konsistenz und Kohärenz?

  • Von Michael Crass
  • 8. Oktober 2016

Die Begriffe Konsistenz und Kohärenz bewerten die Qualität von Gedankengängen und Argumentationen in ähnlicher Weise. Der Unterschied liegt in den bewerteten Eigenschaften. Während der Begriff Konsistenz die Deckungsgleichheit der Argumente im Fokus hat, bezieht sich Kohärenz auf ihre zusammenhängende Struktur. Konsistenz bedeutet also, dass sich die Teile einer Aussage nicht gegenseitig widersprechen. Dagegen bedeutet Kohärenz, dass eine Schlussfolgerung keine Lücken oder Sprünge enthält.

Eine inkonsistente Aussage ist zum Beispiel der Satz: "Die Straße ist nass und die Straße ist trocken". Beide Teilaussagen widersprechen sich. Demgegenüber ist der Satz "Nachts ist es kälter als draußen" inkohärent. Er setzt eine Zeit- gegen eine Ortsbestimmung. Es fehlt der innere Zusammenhang zwischen dem ersten Teil und dem Satzende. In der Logik führt sowohl Inkonsistenz als auch Inkohärenz zur Entwertung einer Aussage. Es lässt sich dann weder Wahrheit noch Unwahrheit folgern. Die Schlussfolgerung "Tags ist es drinnen warm" wäre im letzten Beispiel weder wahr noch falsch, sondern unzulässig und ungültig.

notwendig und hinreichend

Wenn etwas kohärent ist, ist es notwendigerweise auch konsistent, also es widerspricht sich nicht. Konsistenz ist also eine notwendige Bedingung für Kohärenz, während Kohärenz hinreichend für Konsistenz ist.

Es gilt: Kohärenz -> Konsistenz

Um Kohärenz zu erreichen ist natürlich nicht nur Konsistenz notwendig, sondern noch mehr. Was alles zusammen hinreichend ist, ist umstritten, aber man kann gut davon ausgehen, dass Beziehungen zwischen Aussagen notwendig sind: Diese Beziehungen müssen so sein, dass Aussagen einander stützen: Aussage A könnte beispielsweise Aussage B rechtfertigen, erklären, implizit oder gar explizit folgern lassen. Je nachdem, wie eng diese Beziehung ist, ist die Kohärenz kleiner oder größer.

Kohärenztheorie der Wahrheit

Es gibt viele Theorien darüber, wie sich Wahrheit definieren lässt. Eine davon ist die sogenannte Kohärenztheorie der Wahrheit. Diese definiert eine Aussage als wahr, wenn sie Teil eines kohärenten Systems von Annahmen (~Wissen) ist.

Beispiele

Wenn man hört, dass Bayern München kürzlich gegen Atletico in der Champions League gespielt und gewonnen hat, so muss man das nicht glauben. Doch wenn man wenige Tage zuvor gehört oder gelesen hatte, dass diese Partie anstünde, so spräche das für Kohärenz. Man ist eher geneigt, das zu glauben. Hat man wenige Stunden vorher allerdings im Sportteil einer Zeitung gelesen, dass Bayern verloren hat, so sind beide Aussagen im Widerspruch zueinander. Dann sind diese Aussagen auch nicht kohärent. Dann kommt es vielleicht darauf an, wem oder was man eher glaubt – oder was man öfter hört. Selbst Zeuge ist man nicht geworden, daher ist das "Wissen" so oder so von anderen Aussagen abhängig. Wenn man mehrfach von Mitmenschen hört, dass und wie ein Ereignis stattgefunden hat, so glaubt man es eher.

Es ist nicht notwendig, dass Aussagen explizit auf etwas hinweisen. Es muss sich nicht immer um logisch deduktive Schlüsse handeln; auch nicht-deduktive Schlüsse können rational sein. Vom gestrigen Tragen einer Sonnenbrille lässt sich auf gutes Wetter schließen, besonders wenn es am heutigen Tag nicht bewölkt ist oder gar schneit. Die heutigen Temperaturen und Wetterverhältnisse machen es nicht möglich, deduktiv, also zwingend, auf das Wetter des Vortages zu schließen, aber sie machen es auch nicht komplett irrational. Auch das Tragen einer Sonnenbrille ist zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter möglich, statistisch scheint es aber Sinn zu machen von einigen Sonnenstrahlen auszugehen. Es muss alles bloß kohärent sein.

Nachteile an der Kohärenztheorie

Problematisch dabei ist, dass ein komplett unwissender Mensch oder auch nur ein auf einem Gebiet vollkommen unerfahrener Mensch Aussagen von außen (oder innen) nicht überprüfen kann. Er kann sie nicht in Bezug zu vorhandenem Wissen setzen. Er kann sie nicht einfach überprüfen. Außerdem könnte er viele Aussagen im Kopf haben, die von der Außenwelt als absurd oder bloß als falsch bewertet würden.

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