Schopenhauer touristisch: Et in Arcadia Ego
Die zweite Italienreise Arthur Schopenhauers war 2018 das Leitmotiv der Veranstaltungen der Frankfurter Schopenhauer-Gesellschaft. Besonderes Ereignis in dieser Reihe war der Vortrag des eigens dafür aus der Schweiz angereisten Historikers Ernst Ziegler, der die beiden Italienreisen Schopenhauers anhand seines handschriftlichen Nachlasses referierte. Der Inhalt dieses Vortrags ist jetzt auch in Buchform bei Königshausen und Neumann erschienen.
Die 100-seitige Publikation Zieglers teilt sich in zwei Hälften: Die Rekonstruktion der Stationen von Schopenhauers Italienreisen und die von Ziegler transkribierten Notizen Schopenhauers während der Reisen. Zieglers Beitrag von etwas weniger als 50 Seiten Länge liest sich sehr flott, anschaulich und unterhaltsam. Die Hauptquellen, auf die sich der Autor stützt, sind die Reisetagebücher Reisebuch und Brieftasche, sowie die Monografie seines italienischen Gewährsmannes Anacleto Verrecchia Schopenhauer e la vispa Teresa. Mit diesen soll ein realistischeres Bild Schopenhauers wiedergegeben werden. Ziegler jongliert gekonnt intime Details aus Schopenhauers Privatleben mit den in Italien formulierten Versatzstücken seiner Philosophie, die sich besonders im ästhetischen Teil seiner Berliner Vorlesungen bemerkbar machen.
Et in Arcadia ego ist daher vor dem Hintergrund einer Kurskorrektur in der Auslegung von Schopenhauers Biographie in der aktuellen Forschung zu verstehen. Die biographische Komponente von Schopenhauers Leben als jungem Erwachsenen in der Zeit seiner Italienreisen, die die Nachlassverwalter Schopenhauers wegen vermeintlicher Irrelevanz als Leerstelle offen ließen, führten wahrscheinlich zur Dominanz der landläufigen Darstellung Schopenhauers als alten Misanthropen. Dieses Bild ist jedoch auch der Philosophie Schopenhauers abträglich, denn mit ihm lässt sich der Pessimist Schopenhauer viel eher in Einklang bringen, als der (Mitleids-) Ethiker und Ästhetiker, der er war. Zieglers touristischer Schopenhauer, der sich als Frauen- und Kunstliebhaber und als Weltmann in der Mitte des geistigen europäischen Lebens zeigt, mit Goethe und Byron persönliche Erlebnisse verbindet, ist der willkommenen Verlagerung auf die subtileren und sublimeren Aspekte der Schopenhauerschen Philosophie durchaus nützlich.
Im zweiten Teil des Buches finden sich vor allem Belege über die alltäglichen Ausgaben Schopenhauers, denen sich mit ein wenig Hintergrundinformation einige skurrile Details abringen lassen. Auch die veröffentlichen kleinen Profilzeichnungen Schopenhauers sind interessant. Es handelt sich um Transkriptionen aus Schopenhauers Reisebuch und Brieftasche, deren Originale sich auszugsweise ebenfalls in der Monographie finden lassen. Das kleine Bändchen ist zudem durchsetzt von hilfreichem Bildmaterial. Die Anmerkungen belegen die Wissenschaftlichkeit von Zieglers Ausführungen. Dem Lesefluss hätte es jedoch sehr geholfen, wenn die italienischen Originalzitate von Verrecchia direkt auf den Seiten, in denen sie auftreten, in der Fußnote übersetzt worden wären und nicht erst in den Anmerkungen, zu denen man als nicht des Italienischen mächtiger Leser immer wieder blättern muss. In einer eventuellen zweiten Auflage könnte dies verändert werden. Auch die Preisgestaltung der Monographie lässt zu wünschen übrig, da der Preis von 24,80 Euro für eine Publikation von 100 Seiten, deren Bildmaterial komplett in schwarz-weiß gedruckt wurde, der vom Autor geäußerten Intention, Schopenhauer zugänglicher zu machen, widerspricht. Zum Vergleich: Verrecchias 224-seitiges Buch, auf das sich Ziegler bezieht, kostet 14 Euro.
Et in Arcadio Ego – Arthur Schopenhauer in Italien ist, um beim Vergleich des Frankfurter Philosophen zu bleiben, eine lobenswerte biographische Unternehmung, den Sockel auf dem Schopenhauer steht, zu verkleinern, damit er besser zu erkennen sei. Ziegler versteht es durch Schilderung von Skurrilem, Menschlichem und Allzumenschlichem die Aufmerksamkeit des Lesers zu wecken und sie bis in die oberen geistigen Regionen philosophischer Auseinandersetzung zu leiten.
Et in Arcadia Ego. Arthur Schopenhauer und Italien | |
Autor: Ernst Ziegler Mitwirkende: Anke Brumloop Erscheinungsjahr: 2018 ISBN: 978-3-8260-6634-4 Preis: 24,80 EUR ggf. zzgl. Versandkosten |
Seitenanzahl: 100 Sprache: deutsch 14,1 x 22,3 cm |
Et In Arcadia Ego – Arthur Schopenhauer und Italien. Herausgegeben von Ernst Ziegler, unter Mitarbeit von Anke Brumloop. | |
Affenspaß.de bedankt sich für das kostenlose Rezensionsexemplar bei Herrn Ernst Ziegler. |