Konsequentialismus: Ende gut, alles gut?! (Moral)

Lebt man moralisch besser, wenn man Regeln missachtet, und dafür jede Entscheidung moralisch prüft? Oder sind Regeln besser? Worauf sollte man seine Ethik stützen?

Konsequentialismus

Der Konsequentialismus ist das Gegenteil der Deontologie: Hier kommt es nicht auf Regeln für das Handeln an, sondern auf die Ergebnisse, die Folgen, die Konsequenzen des menschlichen Handeln: Sind diese gut oder schlecht? Falls sie schlecht sind, muss eine Alternative her, falls sie gut sind, ist die Handlung gut. Zwischen gut oder böse unterscheidet man selbst, indem man die Konsequenzen betrachtet, nicht irgendwelche Regeln.

Der größte vermeintliche Kritikpunkt daran ist, dass man in der Regel kaum alle Folgen des eigenen Handeln kennt. Wie kann man wissen, was alles von der eigenen Entscheidung abhängt? Wie treffen andere Menschen in Abhängigkeit von meiner Entscheidung ihre Wahl? Und was ist mit Dritten? Nicht bloß die Zukunft ist unbekannt, sondern auch der größte Teil der Gegenwart: Vollständige Informationen über alle relevanten Details in unserem Umfeld haben wir nie. Selbst wenn es mal so eine vereinfachte Darstellung des bekannten Trolley-Problems ist, fehlen wichtige Informationen:

Beim Trolley-Problem geht es um einen Zug, der außer Kontrolle geraten ist und – wenn er nicht auf ein Seitengleis umgeleitet wird, wo er eine Person töten würde – fünf Personen töten würde, die zufällig auf dem Gleis sind. Da gibt es viele Variationen, die alle mit der Psychologie des Handelns und der Philosophie der Moral spielen. Rein utilitaristisch betrachtet, darf man die Rechnung eröffnen, dass ein Mensch weniger Leid zu erleiden hätte als fünf, wenn man den Zug umleiten würde (negativer Utilitarismus). Doch fehlt da vielleicht die Information, dass die fünf Menschen auf dem einen Gleis alle unheilbar krank sind, dass der eine 13 Jahre alt ist, dass die fünf Menschen einsam sind, aber zusammen 1000 Freunde auf Facebook haben und der eine dafür eine riesige Familie hat, die alle unendlich leiden würden ...

Doch das Problem des Informationsdefizits haben auch die Deontologen, allerdings nicht die Regelanwender, sondern die sie Aufstellenden: Wenn man Regeln vollständig aufstellen will, muss man für alle Fälle Regeln haben, man muss alle Konsequenzen kennen oder abschätzen können. Da ist man mit der Deontologie nicht besser dran als mit dem Konsequentialismus – im Gegenteil: Man muss noch mehr wissen, es ist voraussetzungsreicher. Wären diese ethischen Grundsätze Theorien, so müsste man mit Ockhams Rasiermesser die Welt von der Deontologie befreien.

Der Konsequentialismus bedeutet – einfach gesagt: Der Zweck heiligt die Mittel. Auch hier ist die Frage zu stellen, wem eine Handlung nutzen soll. Ob man eine Regel aufstellt, die irgendwem nützt, oder ohne Regeln so handele, dass es irgendwem nützt, spielt keine Rolle. Die Antworten, die hier zur Verfügung stehen sind: ethische Egoismus oder viele Spielarten des Utilitarismus. Also betrachtet man den Nutzen der Handlungen für sich oder andere anstatt Regeln zu befolgen, die irgendwem nützen.

Was den Konsequentialismus schwierig erscheinen lässt, ist die Verantwortung: Man muss nicht einfach Regeln lernen, man darf nicht einfach Regeln befolgen, sondern muss immer selbst zu einer Lösung kommen. Diese darf zwar einfach sein (man muss nicht intelligent sein, um kein Gesetz zu befolgen), doch man ist dafür verantwortlich, nicht ein anderer.

Fazit

Egal, worauf man seine Ethik baut, irgendwer wird von irgendwelchen Handlungen profitieren und irgendwer nicht. Verlässt man sich blind auf Regeln, so hat man es allerdings nicht in der Hand.

Eines der großen Probleme ist jedoch immer, dass man nicht einfach Entscheidungen treffen kann, da praktisch immer wichtige Informationen fehlen, derer die Entscheidungen des Lebens bedürfen, ob Essen, Kleidung, Urlaubsplanung, Berufswahl oder Wahl des Lebenspartners (können alles ethisch relevante Fragen sein).

Interessant dürfte auch sein, ob man überhaupt reif genug für eine gute Entscheidung ist – und ob dies objektiv messbar ist?! (Stichwort: Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung)

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