Frühaufstehend, fleißig, filosofisch – Lampe und sein Meister Immanuel Kant (Rezension)
Was haben der Kater Garfield und der berühmte Königsberger Philosoph gemeinsam? Nicht nur sind sie beide Begründer von Systemen kritischer Urteilsbildung mit einer weltweiten Anhängerschaft, sie haben jetzt dank Autorin und Illustratorin Antje Herzog nunmehr auch beide einen eigenen Comic. Lampe und sein Meister Immanuel Kant sollen sich dem Privatleben dieses Urgesteins des Deutschen Idealismus nähern.
Kants Biographie ist oft in der Unterhaltungsliteratur rezipiert worden. Schon bei berühmten Autoren wie Heine, aber auch bereits in Comicform (existentialcomics/Immanuel_Kant). Auffallend an der Herzogs Comic ist die Akribie, mit der sie Zeichen- und Textarbeit vollzieht. Einige der Panels beziehen sich auf konkrete künstlerische Vorbilder, auch das Material für die Anekdoten wird zitiert. Damit bedient die Autorin auch ein philosophisch anspruchsvolleres Publikum. Dem Handlettering und den Zeichnungen merkt man an, dass viel Mühe in dieses Projekt geflossen ist. Die Qualität der mit Gelbhervorhebungen bereicherten schwarz-weißen Feder- und Tuschezeichnungen ist überdurchschnittlich und die Bildführung am Anfang und an einigen weiteren Stellen fast filmisch. Die mannigfaltige Ausführung verschiedener Zeichenstile und Kompositionstechniken sorgt für die notwendige Abwechslung.
Diese Abwechslung ist leider in der Handlung nicht immer gegeben. Auch Lampe und sein Meister Immanuel Kant folgt leider dem Hang vieler Vertreter der Graphic Novel, ernste oder zumindest anspruchsvolle Themen zu infantilisieren. Zu oft verfällt der Comic in die lapidare Dramaturgie eines Zeitungscartoons, ohne annähernd die gleiche Bissigkeit wie beispielsweise eines Garfield zu entwickeln. Der so vollmundig als zweiter Protagonist angekündigte Lampe bleibt, nicht nur auf symbolischer Ebene gegenüber seinem farbig hervorgehobenen Meister, blass.
Ein besonderes Lob verdient Herzog als Autorin jedoch für die Auswahl des Materials: Einige der Anekdoten sind auch für recht treue Kant-Interpreten neu. Ein besonderes Schmankerl ist auch das abgeschriebene, 1740 von Michael Richey verfasste und von Kant rezitierte Gedicht Auf die Schele- und Schelische Verbindung in Hamburg. Wenn schon den meisten Akademikern der Dichter Brockes kein Begriff ist, so könnte man behaupten, dass auch fast niemand Richey und sein originelles Gedicht kennt und Herzogs Werk einen vergessenen Autoren wieder popularisiert. Das ist eine literaturwissenschaftliche Glanzleistung.
Die Verarbeitung ist dem Verlagsprogramm der Büchergilde entsprechend hochwertig. Besonderer Fokus wurde auf das Papier gelegt, auch der feste Einband besticht. Das Hochformat von 21 x 27 cm trägt zur Entzifferbarkeit kleinerer Details in Bild und Text bei, wenngleich die in Kurrent- und Fraktur gedruckten Stellen dennoch nicht immer flüssig lesbar sind.
Wer für seine besonders philosophisch interessierten Freunde noch kein passendes Weihnachtsgeschenk gefunden hat, für den kann sich noch ein spontaner Gang zu einer der Filialen der Büchergilde lohnen. Antje Herzogs Lampe und sein Meister Immanuel Kant kann gegenüber anderen Graphic Novels des Genres stilistisch und informationell auftrumpfen.
Lampe und sein Meister Immanuel Kant: eine Graphic Novel | |
Autorin: Antje Herzog Erscheinungsjahr: 2017 ISBN: 978-3-86406-068-7 Preis: 26,00 EUR ggf. zzgl. Versandkosten |
Seitenanzahl: 152 Sprache: deutsch 21 x 27 cm zweifarbig gedruckt |
Lampe und sein Meister Immanuel Kant: eine Graphic Novel | |
Affenspass.de bedankt sich für das kostenlose Rezensionsexemplar bei Frau Natalie Acksteiner von Edition Büchergilde. |