Der Unterschied zwischen Recht und Ethik nach Kant

Wie hängen bei Immanuel Kant die Begriffe "Moral", "Ethik" und "Recht" zusammen? Grundlage für die Beantwortung dieser Frage ist hier die Vorlesungsmitschrift „Naturrecht Feyerabend: Einleitung“ aus dem Jahr 1784.

Ausgangslage: Naturrecht

Kants Ausgangslage ist zunächst das Naturrecht. Es handelt sich dabei um Recht, welches von allen Menschen durch Vernunft einsehbar ist, ohne auf positives Recht zu blicken. Positives Recht ist, was von Menschen formuliert und beschlossen wird, wie beispielsweise das Strafgesetzbuch. Naturrecht kann man nirgends nachlesen, es liegt (theoretisch) in der Natur des Menschen und ist jedem einsichtig. Idealerweise würde so nämlich niemand auf die Idee kommen, es sei in Ordnung, andere Menschen zu betrügen oder zu ermorden. Hinter dem Naturrecht steckt allerdings weniger die Natur – wenn allerdings, dann die Natur des Menschen – als vielmehr die Idee eines Gottes.

Recht vs. Ethik

Kant hat Definitionen von Moral und Gesetzen aufgestellt, die ohne einen Gott auskommen. Wenn man so handelt, dass die Maxime des eigenen Handelns auch ein allgemeines Gesetz werden könnte, und dieses Handeln in diesem vernunftsmäßigen Prozess als Resultat herauskommt, handelt man nach dem Kategorischen Imperativ und moralisch gut. Man handelt dann aus der Pflicht heraus und schränkt die eigene Freiheit ein. Ein solches Handeln könnte es sein, wenn man nicht lügt oder seine Mitmenschen fair behandelt.

Wenn man einen Menschen fair behandelt, weil man ihm in besonderer Weise zugetan ist, so handelt man moralisch zwar nicht negativ, aber dieses Handeln ist gewissermaßen neutral, da man sich gut verhalten hat aus eigener Neigung heraus (weil man jmd. mag), nicht aber aus der Einsicht heraus, dass man Fairness zu walten hat. Die Handlung kam nicht zustande, weil man eine Pflicht eingesehen hat und ihr dann entsprechend handelt.

Auch wenn man sich an ein Gesetz (positives Recht) hält und damit legal handelt, und das Gesetz Handlungen fordert, die moralisch nicht negativ sind, bewegt man sich nicht in einer moralischen Kategorie. Auch in diesem Fall ist die Handlung nämlich nicht durch die Einsicht in eine Pflicht begründet, sondern etwa durch eine Strafe (z.B.: Gefängnis) motiviert.

Kant definiert nun Ethik so: Das ist die Wissenschaft von der Bewertung von der Moralität von Handlungen – und moralisch ist eine Handlung, wenn sie aus guten Gründen geschieht, bzw. aus Pflicht praktiziert wird. Dagegen geht es beim Recht um die Bewertung der Legalität einer Handlung, also ob sie im Einklang mit positivem Recht steht. Dafür braucht eine Handlung nicht besonders motiviert zu sein, sondern muss bloß im (äußeren) Einklang mit Gesetzen sein.

Zwang

Ein zentraler Unterschied zwischen Recht und Ethik ist die Möglichkeit, Zwang anzuwenden. Zwang ist etwas Äußeres, wie auch die Legalität. Für die Einhaltung von Gesetzen kann man mit Zwang motivieren. Moralität ist allerdings nicht erzwingbar, da diese rein innerlich ist. Zudem kann man Moralität nicht überprüfen. Nur äußerliches Handeln ist überprüfbar - und das fällt an sich nicht in eine moralische Kategorie, die ist innerlich.

Fazit

Recht bedeutet, dass Freiheit nach allgemeinen Gesetzen eingeschränkt wird, und Moral bedeutet, dass aus Pflicht gehandelt wird. Die Ethik bewertet die Moralität und Recht bewertet die Legalität von Handlungen. Erzwingen kann man nur die Legalität.


Literatur: Lothar Kreimendahl (Hrsg.), Kant-Index Band 30. Kant „Naturrecht Feyerabend: Einleitung“

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