Das hohe Lied des Islams auf die Marktwirtschaft
Wo man an Mohammed denken sollte, fallen heute in der Volkswirtschaftslehre Namen wie Adam Smith oder David Ricardo. Doch der Prophet des Islams hat eine beinahe als neoliberal zu bezeichnende Idee vom freien Markt gehabt und in einem großen – von ihm mitgeschaffenen – Kulturkreis verbreitet. Wenn man an eine freie Marktwirtschaft denkt, sollte man an auch den Islam denken: Er war ökonomisch erfolgreich und dazu religiös legitimiert.
der wirtschaftsliberale Prophet Mohammed
Im Westen wird Mohammed heute als Krieger und Prophet dargestellt, allerdings fehlt eine bedeutende Perspektive auf diese historische Figur: Er war auch ein Kaufmann. Für einen solchen ist es gut, wenn der Staat sich aus der Wirtschaft heraushält und die Preise nicht reguliert. Eine unregulierte Marktwirtschaft kann man auf vielen Wegen mit Argumenten stützen, sogar mit einem Gott:
Die Preise hängen vom Willen Gottes ab; er ist derjenige, der sie anhebt und senkt.
Dieses Zitat wird Mohemmed zugeschrieben (Graeber 2014: 345). Ganz gleich, ob es ihm zurecht zugeschrieben wird oder nicht, es gibt viele islamische Quellen, die dafür plädierten, dass sich der Staat heraushält. Dafür gibt es zwei Gründe:
Muslime waren gesetzestreu und hatten als Rechtsquelle sowohl den Koran als auch islamische Gelehrte, während die Regierung in den heutigen arabischen Ländern aus den Abbasiden bestand, die mit der Stadtbevölkerung nicht viel anfangen konnte und ihr auch unbehaglich blieb. Regierungen wurden wie Soldaten betrachtet: Sie waren ein notwendiges Übel. Die Regierung wurde aus dem Wirtschaftsleben herausgehalten und konnte praktisch nichts regulieren. Das Wirtschaftsleben war entsprechend einzig und alleine vom Islam geprägt, da Händler und Bevölkerung eine Art islamische Parallelgesellschaft bildeten.
Dazu kommt, dass Wirtschaft als Nachbarschaftshilfe gesehen wurde. Während im Westen 1.000 Jahre später Adam Smith mit der Unsichtbaren Hand kommt, sprach man im Abbasidenreich davon, dass man nicht bloß seinen eigenen egoistischen Interessen dient, sondern großzügig gibt und dafür das Produkt anderer Menschen erhält. So erklärt sich auch, wie gut das Zinsverbot in das System passt: In der Nachbarschaft geht es nicht um Egoismus, sondern um Vertrauen. Wer Kredite vergibt, darf Schuldner nicht über den Tisch ziehen, da er fair sein sollte. Obwohl man annehmen könnte, dass kaum jemand zinslose Kredite gewähren würde, war die Kreditvergabe kein seltenes Geschäft. Der Unterschied zu heutigen Kreditgebern war allerdings, dass niemand hauptberuflich Kredite vergeben hatte, da man davon nicht leben konnte. Händler durften Gebühren für Kredite erheben, bloß nicht so hoch, dass irgendjemand einen Anreiz hatte, damit alleine ein Geschäft zu machen.
Am Ende ist eine Idee von der richtigen Wirtschaftspolitik nur so erfolgreich wie die Wirtschaft, in der sie umgesetzt wird. Die vom Islam geprägte Wirtschaft war erfolgreich, äußerst erfolgreich sogar: Betrachtet man die Steuereinnahmen pro Kopf um 850 nach Christus des Abbasidenreichs (es reichte von Tunesien bis Pakistan) und von England um 1203 n. Chr. oder Rom 150 n. Chr., so fällt auf, dass das islamische Wirtschaftssystem vielfach erfolgreicher war als das römische oder englische: Rom brachte es 150 n. Chr. auf 21g Silber pro Kopf, England 1203 auf 4,6g und das Abbasidenreich schaffte 48g Silber Steuereinnahmen pro Kopf (MacDonald 2001:65; nach Graeber 2014:346). Zwischen Indien und Portugal lag der Reichtum über Jahrhunderte dort, wo nach dem Koran gewirtschaftet wurde. Nicht einmal das antike Rom konnte da mithalten.
Heute sieht es natürlich nicht unbedingt danach aus, als ob Muslime in Deutschland der FDP die Türen einrennen. Sie wählten jahrelang hauptsächliche linke Parteien und die CDU, wobei das nicht zwangsläufig an der Wirtschaftspolitik liegen muss. Außerdem rechtfertigt der Koran weder den Kasino-Kapitalismus noch Leiharbeit, sondern den ehrbaren Kaufmann.
Literatur: Graeber, David (2014): Schulden. Die ersten 5.000 Jahre.