Blaue Teufelchen – Eine Höllenlandschaft von Jan Brueghel d. Ä.

  • Von Professor Zaius
  • 10. November 2018

Ein Mann hebelt eine schwere Tür auf und findet sich vor abscheulichen Kreaturen, eine davon zielt mit einer Kanone auf ihn. Nein, das ist keine Szene aus einem Fantasyfilm oder einem Videospiel. Der Mann ist Jesus Christus, der Schauplatz ist die Vorhölle und das Medium ein Kleingemälde von  Jan Brueghel, Sohn von Pieter Brueghel, der gerade auf dem Kunstmarkt einen regelrechten Hype auslöst. Dieser kooperierte als Landschaftsmaler mit zahlreichen Stars seiner Zeit, wie Rubens und Rottenhammer. Mit dem letzteren schuf er eine Version von Jesus Christus in der Vorhölle, welche heute im Den Haager Mauritshuis ausgestellt wird. Die Abegg-Stiftung besitzt eine ältere, auf 1593 datierte Version des Gemäldes und stellt dieses im Rahmen von Publikationen aus, die sich jeweils auf einzelne Gegenstände der im Schweizer Riggisberg befindlichen Sammlung konzentrieren.

Im Vergleich zu Autorinnen und Autoren anderer Kataloge besitzt Anna Jolly den Vorteil, nur über einen einzigen Gegenstand referieren zu müssen, somit die Aufmerksamkeit der Leser nicht mit vielen verschiedenen Arten von Essays zu sehr zu beanspruchen, wie es bei Künstlermonographien üblich ist. Diese Aufgabe bewältigt sie mit Bravur, technisches und kunstgeschichtliches Wissen werden erfolgreich vermittelt. Immer ergibt sich ein Bezug zu Brueghels Miniatur. Auf 60 Seiten lernt man, warum der Untergrund für die Haltbarkeit eines Gemäldes wichtig ist, von wem Jan Brueghel zur Groteske als Kunstform inspiriert wurde, wie er im älteren Gemälde über die Farbgebung der Figuren die rötlichen Menschen von den bläulichen Teufeln zu differenzieren versuchte und wer die Sammler dieser Art von Kunst waren. Der Text allein erscheint zuverlässig recherchiert, kann also aufgrund von wissenschaftlicher Belastbarkeit den hohen Preis von 0,41€ pro Seite rechtfertigen.

Doch die Publikation ist zudem auch noch reich bebildert. Von den 34 Abbildungen sind nur wenige schwarz-weiß. Die meisten davon sind Vergrößerungen der besprochenen Miniatur, auf anderen werden ähnliche Motive vorgestellt. Besonders die Aufnahme der eben erwähnten mit Rottenhammer erschaffenen Nachfolgeversion von „Jesus Christus in der Vorhölle“ zum Vergleichen ist löblich hervorzuheben. Alle Abbildungen sind wiedergegeben in einer hohen Schärfe und in einer vorzüglichen Druckqualität, wenn man über das Papier streicht und die gedruckte Oberfläche spürt, kann man sich auf diese Weise versichern eine hochwertige Publikation in den Händen zu halten. Außerdem freut man sich besonders, dass „Jesus Christus in der Vorhölle“ am Ende des Buches noch einmal fast im Originalformat als Falttafel enthalten ist. Da die Monographie selbst ein kleines Format von 18 x 22 cm besitzt, ist das Risiko sie zu beschädigen im Vergleich zu Falttafeln in größeren Katalogen geringer. Wer eine Reproduktion eines nur in Riggisberg ausgestellten Gemäldes eines vergleichsweise selten besprochenen Künstlers des goldenen Zeitalters der niederländischen Malerei besitzen möchte, kann die Falttafel auch einfach abtrennen und einrahmen. Der Wert einer solchen Repro als Postkarte allein beläuft sich auf 5 - 10 €. Das Softcover erscheint für diesen Katalog mit 68 Seiten angemessen.

Eine Höllenlandschaft von Jan Brueghel d. Ä. ist für jeden empfehlenswert, der sich für Darstellungen des Phantastischen im Allgemeinen und mit Grotesken vergleichbar mit Bosch und Pieter Brueghel im Besonderen interessiert. Die Miniatur selbst ist eine unerschöpfliche Inspirationsquelle für gelungene künstlerische Einfälle und die Monographie dient als hervorragende Orientierungshilfe durch Jan Brueghels Inferno.


Für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von „Eine Höllenlandschaft von Jan Brueghel d.Ä.“ bedankt sich affenspass.de herzlich bei Dr. Henry Hohmann, dem wissenschaftlichen Redaktor der Abegg-Stiftung.


Anna Jolly, Eine Höllenlandschaft von Jan Brueghel d. Ä., ISBN 978-3-905014-44-0, Riggisberg: Abegg-Stiftung, 2011.

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