Argumente gegen geschlechtergerechte Sprache

  • Von Michael Crass
  • 31. Januar 2023

Um diskriminierungsfrei zu schreiben oder auch die Menschen "sichtbar" zu machen, an die man bei bestimmten Formulierungen nicht denkt, nutzen einige Menschen sog. geschlechtergerechte Sprache. Sie "gendern" sozusagen. Welche Argumente sprechen insbesondere gegen die heute gängigen Formen mit Sternchen oder Doppelpunkt?

Sonderzeichen

In Suchmaschinen nutzt man Sonderzeichen in der Eingabemaske als Metazeichen in der Zeichenkette: Sie sind nicht Teil des Suchbegriffs, sondern sie zeigen dem Programm, wie mit den sinntragenden Einheiten der Zeichenkette (Wörter) umgegangen werden muss. Mit einem Plus wird bspw. oft gekennzeichnet, dass ein Begriff notwendigerweise im Ergebnis vorkommen muss. Ein Fragezeichen oder Sternchen sind in der Regel Joker.

Auch Textverarbeitungsprogramme, die Grammatik und Rechtschreibung korrigieren können, sind darauf trainiert, Sonderzeichen zur Trennung und nicht als Bestandteil von Wörtern zu erkennen.

Ist das ein hinreichender Grund, auf Formulierungen wie Lehrer*innen zu verzichten? Suchmaschinen und andere Programme können umgeschrieben werden. Die Frage ist allerdings, ob keine Lösungen ohne Sonderzeichen, also die Beschränkung auf das Alphabet mit 26 Buchstaben A bis Z und die Umlaute (Ä/ä, Ö/ö, Ü/ü) sowie das Eszett (ẞ/ß), nicht möglich sind.

Permanenter Wandel der Gender-Konventionen

Doppelnennungen (Lehrer und Lehrerinnen), das Binnen-I (LehrerInnen), der Unterstrich (Lehrer_Innen), das Sternchen (Lehrer*innen) und der Doppelpunkt (Lehrer:innen) sind nur einige der genutzten Varianten der geschlechtergerechten Sprache. Einige dieser Varianten sind aktuell veraltet und wirken aus unterschiedlichen Gründen doch wieder diskriminierend: Doppelnennungen sind bspw. rein binär und einige Menschen wollen weder als Mann noch als Frau wahrgenommen werden bzw. sehen sich so. Doppelpunkte und Sternchen sind derzeit am geläufigsten.

Das Problem dieser Gender-Konventionen ist, dass es eine große Vielfalt gibt, die innerhalb weniger Jahre (ca. 4 Jahrzehnte) schnell in Mode gekommen und dann recht plötzlich veraltet sind. Eventuell ist in einigen Jahrzehnten ersichtlich, dass eine der Varianten mit stabiler Akzeptanz und entsprechendem Gebrauch sich durchgesetzt hat. Vielleicht hat sich dann auch eine neue Variante durchgesetzt, etwa das Entgendern nach Phettberg: ein Lehry (Lehrer) und zwei Lehrys (Lehrer bzw. Lehrerinnen)? Bis dahin erscheint eine solch grundlegende Umstellung der persönlichen Gewohnheiten kaum rational.

Auferlegter Sprachwandel

Ein Argument zur Beruhigung der Gender-Gegner ist, dass Sprachwandel natürlich ist. Das ist zweifellos der Fall. Dieser findet aber in der Regel unbewusst statt und vereinfacht Sprache meist. Die Gendersprache ist heutzutage allerdings ein moralisch aufgeladenes Thema und Menschen fühlen sich zum Gebrauch der neuen Regeln genötigt. Damit handelt es sich nicht um einen natürlichen, unbewussten Sprachwandel.

Komplexitätszuwachs statt Vereinfachung

Auf natürlichem Wege wird Sprache effizienter, bspw. lassen Sprecher ohne Zwang das E in "mit dem Freunde" weg, da die Endung keine Funktion mehr hat und die Präposition ausreicht. Bekannt ist auch der Ausdruck "Migrantendeutsch". Dieser steht etwa für Phänomene wie das Weglassen von Artikeln und Präposition bei Ortsangaben: "Isch geh Aldi." Ob das schöner ist, kann bestritten werden. In jedem Fall ist es effizienter. Man versteht es und benötigt weniger Silben dazu. Die diversen Gender-Vorschläge (außer Phettberg) verkomplizieren die Sprache und machen Sätze einfach nur länger.

Andere Diversitätskategorien

Das Hauptargument für das Gendern ist das Sichtbarmachen einer oder zweier Gruppe(n), deren geschlechtliche Merkmalsausprägung ungleich "männlich" ist. Durch sprachliche Stolperfallen kann man nicht mehr einfach in der männlichen Sprache verharrend über Frauen und nichtbinäre Menschen hinweggehen. Das Problem dabei ist, dass es nicht nur die geschlechtliche Kategorie gibt, sondern auch andere Merkmale, von denen bestimmte Ausprägungen kaum mitbedacht werden, weil sie womöglich quantitativ nicht auffällig sind. Beispielsweise kann auch der Wechsel von "Radfahrer sollen einen Helm tragen." hin zu "Radfahrer*innen sollen einen Helm tragen." nichts daran ändern, dass man in Deutschland sich eher weiße als schwarze Radfahrer vorstellt. Zwar denkt man bei Radfahrer*innen eher an weibliche Radfahrer, aber es gibt Gruppen in der Gesellschaft, die sprachlich nicht so einfach sichtbar gemacht werden können. Warum ist das Geschlecht eine Kategorie, deren Ausprägungen alle sichtbar und sprachlich mitberücksichtigt werden sollen? Was ist mit der Hautfarbe? Was ist mit Behinderungen? Was ist mit sexueller Orientierung? Es sind viele Kategorien denkbar.

Genus und Sexus

Das Geschlecht erscheint als eine Kategorie, bei der mehrere Ausprägungen sichtbar gemacht werden können und sollten, weil man Genus und Sexus für ein und dasselbe hält. So wie der Löwe im Satz "Der gemeine Löwe schläft viel." grammatisch im Singular ist, aber nicht bloß von einem einzelnen Löwen die Rede ist, so ist auch der Fahrradfahrer nach der StVO nicht notwendigerweise ein männlicher. Das natürliche und das grammatische Geschlecht sind zu unterscheiden, obwohl sie nicht völlig von unabhängig voneinander sind.

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