Osteuropäische Länder spüren noch heute, was Russland demnächst zu erwarten hat: Migration ist eine Machtfrage.
Wie sich Russland Osteuropa einverleibt hatte
Militärisch hatte Russland Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts an kaum einer Grenze etwas zu befürchten: Von der Arktis aus kann man kaum angreifen, im Osten Russlands ist eine unendliche Weite (und Kälte), um Süden sind weitestgehend Gebirge oder schwach entwickelte Regionen, im Südwesten waren auch schützende Berge, doch von Polen bis Finnland liegt die für Russland gefährliche Nordeuropäische Tiefebene. Von dort wurde Russland schon mehrfach angegriffen – meist von Deutschen – und von dort aus ist Moskau gut zu erreichen.
Politische Führer mussten in Russland regelmäßig darauf achten, dass der Westen nicht zur Gefahr wird. Darum ist man im Kreml noch heute besorgt um die (einstigen) Pufferstaaten, wie Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland, Polen und der Ukraine. Von diesen Staaten sind heute bloß noch zwei „echte“ Pufferstaaten, da alle anderen mittlerweile Nato-Mitglieder sind, und damit der Organisation angehören, die Russland von Beginn an zum Feind hatte. Zwischen der Nato und Russland gibt es heute direkte Grenzen. Die Annäherung der Ukraine hätte – so Putin untätig geblieben wäre – samt ihres russischen Stützpunktes zu einem gewaltigen und gewaltig nahen „Feindstaat“ Moskaus werden können.
Doch nun sind es die Millionen von Russen im Osten der Ukraine, die dem Westen das Leben schwer machen – mit welcher Hilfe Moskaus auch immer. Ethnischen Russen gibt es in Osteuropa quasi wie Sand am Meer. Das war die weise Politik von Stalin, der Russen in allen Sowjetrepubliken angesiedelt hatte. Das ist es, was Putin nun nützt, wenn er die geopolitischen Interessen seines Landes verteidigt: Die Regierung vertritt nun die Geopolitik auch unter dem Deckmantel des Schutzes der ethnischen Russen, die in allen Ländern des „nahen Auslands“ verteilt leben.
Nun lautet das Motto der Macht: Wo Russen leben, ist Russland.
Wie Chinesen Russland einnehmen
Das größte Land der Erde hat bei einer Bevölkerung von weniger als 150 Millionen Menschen eine Ausdehnung von etwa 10.000 Kilometern und ist entsprechend dünn besiedelt. Auf chinesischer Seite der etwa 4.000 Kilometer langen Grenze leben etwa 100 Millionen Menschen mit einem unstillbaren Bedarf an Ressourcen, während es auf der russischen Seite, die erst seit etwa 150 Jahren zu Russland gehören, bloß 7 Millionen Einwohner mit einer Menge an Ressourcen leben.
Aktuell arbeiten Millionen Chinesen in Russland, die dort – wie man aus der Erfahrung Deutschlands mit sog. „Gastarbeitern“ weiß – auch leben und somit den Teil Russlands mittel- oder langfristig einnehmen. Es ist zu erwarten, dass die Zuwanderung aus China nach Russland weiter zunehmen wird und Russland territoriale und politische Einbußen gegenüber China erleiden wird.
Quellenverzeichnis:
- Arte (2008): Mit offenen Karten. China und Russland Partner oder Rivalen
- Marshall, T. (2015): Die Macht der Geographie. München.
Artikelbild: Von Uwe Dedering – Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=36003483