Die Warnungen von Rechtspopulisten, dass Europa durch Geflüchtete (Euphemismus für „Flüchtlinge“) vom Islam erobert wird, sind obskur. Allerdings kann Migration durchaus ein Mittel der Eroberung sein, wie die Geschichte zeigt:
Siedler erobern Texas
Um aus 13 Kolonien unter der britischen Krone zu einer 50 Staaten umfassende Weltmacht zu werden, brauchten die USA etwa 100 Jahre. Die Unabhängigkeit musste erlangt werden, große Gebiete musste gekauft werden und Kriege mussten geführt werden.
Anfang des 19. Jahrhunderts hatten die USA es endlich geschafft, eine Macht an zwei Weltmeeren zu werden, sie hatten sich nämlich durch einen Vertrag mit Spanien neben Florida auch noch den Zugang zum Pazifik gesichert. Doch dafür musste man die Augen von Texas lassen. Da Texas, damals hauptsächlich spanischsprachig, sehr nah an wichtigen US-amerikanischen Häfen in Louisiana lag, gebot die vorausschauende Geopolitik, Texas weiterhin im Auge zu behalten.
Die weiterhin bestehende „Lawine an (weißen) Einwanderern“, wie man es heute wohl sagen würde, wollte man in Washington nutzen und „ermutigte Siedler, sich zu beiden Seiten der Grenze zwischen Mexiko und den USA niederzulassen“ (Marshall 2015:81). Während man sich also offiziell an den Vertrag mit Spanien hielt, der für das nun unabhängige Mexiko auch vorteilhaft war, schaute man zu, wie weiße und protestantische Siedler das vormals mehrheitlich spanischsprachige katholische Land übernahmen.
Die Folge war die Unabhängigkeitserklärung der weißen Texaner, die die Mexikaner schließlich aus ihrem Land vertrieben, als Texas Mexiko im Krieg knapp besiegte. Um die Annexion Texas, wie von den Texanern angestrebt, folgte ein weiterer Krieg, dieses Mal zwischen den USA und Mexiko, bei dem die Grenzen grundlegend verschoben wurden: Nun waren ganz Kalifornien und New Mexiko US-amerikanisch.
Die Ironie der Geschichte ist, dass nun die hispanischen Staaten der USA das größte Bevölkerungswachstum haben – durch Zuwanderung aus dem Süden und einer höheren Geburtenziffer. Die weiße Bevölkerung verliert in Texas, Nevada, New Mexiko etc. die Mehrheit, wobei auch zu erwähnen ist, dass in den Oststaaten die schwarze Bevölkerung schneller wächst in in vielen Küstenstaaten die asiatische – und die weiße, protestantische Bevölkerung insgesamt „auf dem Rückzug“ ist.
Vergessen darf man allerdings auch nicht, dass die Gebiete und Siedlungen der amerikanischen Ureinwohner auch durch Migration „erobert“ wurden.
Quellenverzeichnis:
- Arte: Mit offenen Karten. USA – Das Ende der WASP.
- Marshall, T. (2015): Die Macht der Geographie. München.
Artikelbild: Von United States federal government (en:User:Black and White converted it from JPEG to PNG and retouched it) – National Atlas of the United States [1], Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1178618