In Krisen wird ständig vom Führungspersonal gesprochen, auch davon, es abzulösen. Wenn das Führungspersonal der deutschen Politik gemeint ist, dann ist es der Bundeskanzler oder eben die Bundeskanzlerin. Doch wie endet eine Kanzlerschaft in Deutschland wirklich?
verschiedene Wege zum Ende der Kanzlerschaft
Normalerweise darf man davon ausgehen, dass in einer Demokratie das Ende einer Kanzlerschaft durch die Wahl durch das Volk eingeläutet wird. So sollte wohl der Regelfall sein. Doch es gibt noch die Vertrauensfrage, das konstruktive Misstrauensvotum und …
Bundestagswahl
Durch eine echte Wahl eines Bundestages vom deutschen Volk wurden bisher gerade einmal zwei von den ehemaligen Bundeskanzlern beendet. Helmut Kohl klammerte sich gegen den Willen seiner CDU noch bis 1998 am Amt fest, bis er dann wirklich gehen musste. Die Bundeswahl 1998 beendete seine 16-jährige Kanzlerschaft und auch seine Herrschaft in der CDU. Abgelöst wurde erstmals nicht nur ein Koalitionspartner, sondern die ganze Regierung. Aus Schwarz-Gelb wurde Rot-Grün.
Auch Kohls Nachfolger, Gerhard Schröder, musste durch eine Wahl vom Volk vom Amte scheiden, auch wenn seine Partei zuteilen schon vorher am Stuhl gesägt hatte. Nach 7 Jahren stellte er wegen verlorenen Landtagswahlen und der Verhältnisse im Bundesrat die Vertrauensfrage. Zwar kam hier ein besonderes Instrument aus dem Grundgesetz zur Anwendung, doch im Ergebnis war es eine Bundestagswahl, die 2005 das Ende von Schröder im Kanzleramt bedeutete. Seine Nachfolgerin wurde Angela Merkel.
Die eigene Partei
Bei Schröder kamen die Wähler dazwischen, doch eigentlich ist auch die SPD nicht unerfahren im Verjagen eigener Kanzler – wenngleich die CDU wesentlich erprobter ist.
Die CDU beendete selbst Adenauers Regentschaft. Der Alte wollte einfach nicht abtreten, doch 1963 musste er. Er selbst meinte zwar, dass es keinen besseren als ihn geben könnte, doch die CDU war anderer Meinung. 14 Jahre Adenauer waren der CDU genug. Jemand Neues musste her.
Ludwig Erhard, der Vater der Sozialen Marktwirtschaft und des Wirtschaftswunders, sollte von nun an die Geschicke des Landes lenken. Die Partei war aus vielen Gründen ihm nicht anvertraut worden, allerdings ist seine Zugehörigkeit zur CDU umstritten. 1966 war es für ihn schon nach drei Jahren soweit: Er war sicher ein guter Wirtschaftsminister, doch Kanzlerschaft war wohl zu viel.
Die SPD beendete nicht besonders offensichtlich Kanzlerschaften, auch wenn es für die SPD-Mitglieder immer mal wieder etwas zum Herummäkeln gab. Sie mochten Schröder nicht, sie mochten (seinerzeit) Schmidt nicht und gegen ihren großen Friedensnobelpreisträger Willy Brandt gab es zu hören, dass er „gern lau badete“. Während Schröder und Schmidt nicht durch die SPD selbst aus dem Amt vertrieben wurden, war es bei Brandt anders. Offiziell war es die Spionage der SED, die Brandt 1974 nach 5 Jahren zum Rücktritt bewegte, doch das war wohl eher der Auslöser als die Ursache. Gelohnt hat sich damit für die SED die Operation „Brandtschutz“ nicht …
Koalitionspartner
In der Regel ist der politische Gegner Schuld an allem, doch manchmal wird der eigene Partner zum Gegner. So war es beim CDU-Kanzler Kurt Georg Kiesinger 1969. Dieser war 1966 der Nachfolger des glücklosen Erhards, gekrönt vom Kanzlerwahlverein CDU (/CSU) und der SPD. Nach der Wahl 1969 entschied sich die SPD für die erste sozial-liberale Koalition der Geschichte und warf die CDU/CSU aus der Regierung, damit auch Kiesinger.
1982 wendete sich das Blatt: Die FDP wechselte die Seiten für Kohls „geistig-moralische Wende“, wobei heute niemand wirklich weiß, was dies zu bedeuten hatte. Für Schmidt war die Zeit im Kanzleramt vorüber. Nach 8 Jahren im Amt hatte er nun wieder mehr Zeit. Doch wenn die FDP nicht ihre Wende vollzogen hätte, wäre die mit dem Kanzler unzufriedene SPD womöglich noch zum Stürzen gekommen.
Foto von Martin Falbisoner, Lizenz: CC-BY-SA 4.0