Geodeterminismus

Der Geodeterminismus ist ein mittlerweile veraltetes Paradigma der Geographie. Man ging davon aus, dass Kultur und Gesellschaft vollständig durch die Natur bestimmt ist. Dieses Paradigma herrschte lange und war nicht ohne problematische Konsequenzen.

Zeitliche Einordnung

In der Anfangszeit der Kultur- oder Humangeographie ist der Geodeterminismus entstanden und war im 19. Jahrhundert, aber auch noch in den ersten Jahrzehnten des darauffolgenden Jahrhunderts präsent. Es ist die Zeit der Kolonialisierung und des Imperialismus, der auch das damalige Deutsche Reich erfasst hatte.

Annahmen

Man nahm an, dass der Raum, in dem Gesellschaften sind, ebendiese prägt und bestimmt. Die Kultur der Gesellschaften soll durch den Raum determiniert sein. Jegliche kulturelle Erscheinung ist letztlich auf die Natur zurückzuführen. Darüberhinaus soll es sogar eine natürliche Einheit zwischen Gesellschaft und Natur geben.

Dabei hat man sich auf Erfahrungen und Beobachtungen gestützt, die man machen konnte – ob in Europa oder anderswo. Jede Bestätigung, dass Menschen auf eine gewisse Art und Weise angepasst sein könnten, wurde uminterpretiert dahingehend, dass der Raum es bestimmt hat – und nicht, wie es der Possibilismus sagt, ermöglicht.

Es wurde eine Verbindung gesehen zwischen dem Stamm, der in seiner Landschaft beheimatet ist und von ihr bestimmt ist, dem Volk, der sein Land hat, und der Rasse, die auf ihrem Kontinent lebt. Blut und Boden gehört so zusammen. Wenn auf allen Ebenen zusammen ist, was zusammenpasst bzw. zusammengehört, dann gibt es eine gute Einheit.

Vertreter

Der mit Sicherheit prominenteste Vertreter war Friedrich Ratzel, der Begründer der Kulturgeographie.

Normative Schlussfolgerungen

Problematisch am Geodeterminismus ist allerdings nicht, dass er – aus heutiger Sicht – falsche Annahmen hat, sondern, dass er auch eine normative Seite hat. Nämlich die, dass Menschen dort leben sollten, wo ihr Raum ist, und, dass aus der Beschaffenheit des Raums auch Ansprüche abgeleitet werden können. Die Verbindung Raum-Volk ist eine, die in der Zeit des Nationalsozialismus prägent war.

Geographen konnten ihre Aufgabe so als eine politische sehen, da sie mitwirken konnten am Definieren/Suchen der optimalen Einheit zwischen einem Volk und „seinem“ Boden.

Kritik

Allein die Tatsache, dass der Raum gewisse Möglichkeiten durch Ressourcen oder Beschaffenheit bereitstellt, bedeutet nicht, dass er menschliches Handeln vollständig determiniert – wohl allerdings, dass er mit ein Faktor ist.

Eine unmittelbare Bestimmung menschlichen Handelns und Empfindens durch Klima oder Bodenbeschaffung lässt sich nicht feststellen. Die Erklärungsmöglichkeiten dieses Paradigmas stoßen bei Prozessen und Entwicklungen, die weit weniger durch den Raum beeinflusst sind, auf Grenzen: Strukturwandel, Modernisierung, Pillenknick in der Geburtenrate in westlichen Ländern.

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