Wahl
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags werden laut Art. 38GG in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Jeder volljährige Bürger grundsätzlich muss an ihr teilnehmen können (allgemein). Das Wahlergebnis muss unmittelbar durch den Willen der Wähler bestimmt sein (unmittelbar). Der Staat darf den Bürger nicht zu einer Wahl zwingen und der Staat darf nicht für eine Partei werben (frei). Alle Stimmen müssen das gleiche Gewicht haben und damit ist u.a. ein Dreiklassenwahlrecht wie in Preußen 1849 verboten (gleich). Für niemanden darf es nachprüfbar sein, wie ein Bürger gewählt hat (gleich). Dieses Wahlrecht ist ein grundrechtsgleiches Recht.
Arbeit des Parlaments
Der Bundestag ist eine Mischung aus einem Arbeitsparlament und einem Redeparlament. Gesetzesentwürfe werden im Bundestag nicht nur besprochen, sondern auch ausgearbeitet. Dafür sind die Ausschüsse da. Die Ausschüsse sind auch der Grund, weshalb das Plenum oft schwach besetzt ist. Es gibt zwar regelmäßige Plenardebatten, allerdings sind Abgeordnete auch Ausschussmitglieder. Es gibt vom Grundsatz her zu jedem Ministerium einen Ausschuss im Parlament. Die meisten Gesetzesentwürfe gehen allerdings auf die Regierung zurück.
Das House of Commons, das Unterhaus des britischen Parlaments, ist ein klassisches Redeparlament. Gesetze werden hauptsächlich vom Regierungsapparat ausgearbeitet. Im Parlament selbst wird hauptsächlich debattiert und Argumente für die Öffentlichkeit präsentiert.
Der Kongress der USA wiederum ist ein klassisches Arbeitsparlament. Der Kongress beansprucht für sich, Gesetze auszuarbeiten. Ausschüsse beraten und arbeiten Gesetze aus. Dafür sind Plenardebatten seltener.
Gliederung
Der Deutsche Bundestag gliedert sich fachlich in die Ausschüsse, in denen die Mehrheitsverhältnisse des Bundestags repräsentiert sind. Dort findet die wirkliche Arbeit des Hauses statt.
Politisch gliedert sich der Bundestag in Fraktionen. Das sind in erster Linie freie Vereinigungen von Mitgliedern die zusammen mind. eine Stärke von 5% haben. In der Regel sind es Mitglieder derselben Partei, oder es sind Mitglieder, die dieselben Ziele verfolgen, oder es sind Parteien, die nicht in einem Bundesland in einem Wettbewerb zueinander stehen (CDU/CSU). Die Fraktionen erlauben es, dass sich ihre Abgeordneten spezialisieren und damit die Fraktion insgesamt besser aufzustellen.
Funktionen des Parlaments
Der Deutsche Bundestag hat mind. vier Funktionen: Gesetzgebungsfunktion, Artikulationsfunktion, Wahlfunktion und Kontrollfunktion.
Der Deutsche Bundestag beschließt Gesetze (mit dem Bundesrat).
Der Deutsche Bundestag kontrolliert die Regierung.
Der Deutsche Bundestag vertritt individuelle Interessen und Forderungen in der Öffentlichkeit.
Der Deutsche Bundestag wählt den Regierungschef (KanzlerIn).
Gesetzgebung
Gesetzesentwürfe werden entweder vom Bundestag, Bundesrat oder der Bundesregierung eingebracht. Wenn er von der Bundesregierung oder dem Bundesrat stammt, muss er noch dem Bundesrat bzw. der Bundesregierung vorgelegt werden (Anhörung).
Danach gibt es die erste Beratung im Plenum des Bundestags, woraufhin er in dem entsprechenden Ausschuss beraten wird. Danach folgen zweite und dritte Beratung. Bei Letzterer folgt auch die Abstimmung.
Falls der Bundesrat darauf dem Entwurf nicht zustimmt, wird der Vermittlungsausschuss angerufen, falls dieses Gesetz eines von denen ist, bei denen der Bundesrat mehr Mitspracherecht hat (grob gesagt: Interessen der Länder müssen mehr tangiert sein). Dann ginge ein aus der Vermittlung folgender Entwurf zurück in den Bundestag.
Andernfalls, also wenn der Bundesrat keinen Einspruch formuliert oder, wenn er zustimmt, unterzeichnet der Bundeskanzler und der zuständige Minister das Gesetz und der Bundespräsident fertigt das Gesetz aus (prüft und unterschreibt) und die Bundesregierung verkündet das Gesetz im Bundesgesetzblatt.
Gesetzesinitiative
Während die Bundesregierung, der Bundestag (ab 5% ihrer Mitglieder) und der Bundesrat das Recht zur Gesetzesinitiative haben, stammen die allermeisten Gesetze von der Bundesregierung. Sie hat den großen Ministerialapparat hinter sich. Manchmal gibt sie Entwürfe der sie tragenden Regierungsfraktion, sodass der Entwurf aus der Mitte des Hauses eingebracht wird und damit die allererste Anhörung des Bundesrates übersprungen werden darf. Damit geht es schneller.
Manchmal werden Entwürfe auch von mehreren Organen gleichzeitig eingebracht.
Wahlfunktion
Wahl des Bundeskanzlers
Nach Wahlkampf und Wahl des Deutschen Bundestags schlägt der Bundespräsident dem Bundestag einen Kanzlerkandidaten zur Wahl vor. Dabei richtet er sich daran, welche Koalitionsregierung und welcher Kanzler von der Mehrheit vereinbart ist.
Erhält der Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit (50%+1 aller Mitglieder des Bundestags), so ist er gewählt und muss vom Bundespräsidenten ernannt werden. Falls es keine absolute Mehrheit für den Kandidaten gibt, kann eine absolute Mehrheit bei (auch mehr als) einem folgenden Wahlgang innerhalb von 14 Tagen für den Kandidaten zur Kanzlerschaft führen. Falls das auch nicht geschieht kann ein letztes Mal gewählt werden. Auch hier reicht nur eine absolute Mehrheit. Klappt auch das nicht, so darf der Bundespräsidenten den Kandidaten mit der einfachen Mehrheit zum Kanzler ernennen. Andernfalls muss er den Bundestag auflösen und damit folgen Neuwahlen.
weitere Wahlen der Mitglieder des Bundestags
Desweiteren wählt der Bundestag die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichts. Außerdem sind seine Mitglieder auch in der den Bundespräsidenten wählenden Bundesversammlung. Zudem wählt der Bundestag auch den Präsidenten des Bundesrechnungshofs.
Kontrollfunktion
Der Bundestag kontrolliert, in welche Richtung die Politik der Regierung geht, auch ob Wahlversprechen erfüllt werden. Dazu prüft er, wie effizient Gelder ausgegeben werden und, ob sie sich an das Recht hält. Er kann Befragungen und Untersuchungsausschüsse einrichten.
Bei der Kontrolle haben Regierungsfraktionen und Oppositionsfraktionen unterschiedliche Interessen. Die Regierungsfraktion fürchtet um ihre Wiederwahl bei einer als schlecht wahrgenommenen Regierungspolitik und die Opposition befürchtet weitere Jahre auf der Oppositionsbank bei einer positiv wahrgenommenen Regierungsarbeit – insbesondere bei einer fälschlich positiv wahrgenommenen. Das bedeutet, dass die Opposition eher laut kritisieren und kontrollieren will, während die Regierunsfraktion eher still und leise kontrollieren will.
Instrumente der Kontrolle
Mindestens 5% der Abgeordneten können Kleine oder Große Anfragen an Regierungsmitglieder stellen. Kleine Anfragen werden schriftlich beantwortet. Große Anfragen werden zusätzlich noch auf Antrag im Plenum diskutiert.
Dazu dürfen Fraktionen Aktuelle Stunden beantragen: Dabei handelt es sich um eine Debatte mit kurzen Beiträgen.
Außerdem dürfen einzelne Abgeordnete Anfragen an die Regierung senden, die schriftlich beantwortet werden müssen und eher dem Wahlkreis des MdBs dienen.
Das wichtigste und öffentlichkeitswirksamste Instrument ist der Untersuchungsausschuss, der auf Antrag von 25% von Mitgliedern des Bundestags eingesetzt wird. Dabei dürfen Zeugenaussagen und Auskünfte der Regierung und anderen Zeugen gefordert werden. Allerdings sind die Mehrheitsverhältnisse des Plenums dort wiedergespiegelt, sodass mehr als Öffentlichkeitswirksames dabei nicht herauskommt.
Ein spezielles Gremium ist das Parlamentarische Kontrollgremium, das den Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst kontrollieren soll und Geheimhaltungspflichten unterliegt.
In jedem Fall bleibt dem Bundestag, einer Fraktion oder dem Abgeordneten das Mittel des Organstreinverfahrens, bei dem das Bundesverfassungsgericht angerufen werden kann.
Auflösung und Kanzlersturz
Falls der Bundestag der Regierung bzw. dem Regierungschef, dem Bundeskanzler nicht mehr vertraut, gibt es mehrere Möglichkeiten:
Konstruktives Misstrauensvotum
Der Bundestag kann einen neuen Bundeskanzler wählen. Dazu ist eine absolute Mehrheit notwendig. Damit ist der alte Bundeskanzler auch „abgewählt“. Eine „bloße“ Abwahl ist nicht möglich.
Vertrauensfrage
Falls der amtierende Bundeskanzler nicht mehr das Vertrauen des Bundestags bzw. der ihn stützenden Fraktionen spürt, kann er die Vertrauensfrage stellen, bei der er beantragt, dass der Bundestag ihm das Vertrauen ausspricht. Wenn er das nicht tut, kann der Bundespräsident den Bundestag auflösen und Neuwahlen folgen damit. Dieses Machtinstrument kann der Bundeskanzler auch mit einem Gesetzesentwurf verbinden, sodass Abgeordnete sich gezwungen sehen können, seinem Gesetzesentwurf zuzustimmen, da sonst der Bundestag aufgelöst werden könnte und er sein Mandat verlieren würde.
weiterführende Links
Bundeszentrale für politische Bildung: Logik der parlamentarischen Demokratie
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Foto: gemeinfrei, über wikimedia.org